Direkt zum Inhalt

Weitersehen

„… und dann sehen wir weiter.“ Immer wieder höre ich mich das sagen in diesen Tagen und Wochen. Bei Planungen, die unser Gemeindeleben in Friedrichsdorf betreffen. Und im Austausch über die strukturellen Veränderungen, die der aktuelle „Change-Prozess“ unserer Kirche auch für unsere Region mit sich bringt. An vielen Stellen ist unsere Kirche gerade in Bewegung und wir wissen noch nicht genau, welche Auswirkungen das auf die Form unserer kirchlichen Arbeit am Ende haben wird. „Und dann sehen wir weiter“ – ich kann gut nachvollziehen, dass dieser Satz in manchen Gesprächen Widerwillen auslöst. Es kostet Überwindung, Schritte zu gehen, noch ohne das große Ganze zu überblicken. Oder sogar Entscheidungen zu treffen, während noch Prozesse ablaufen, deren Ergebnis unklar ist. Es würde ungemein helfen, wenn wir schon jetzt etwas „weiter sehen“ könnten – wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen könnten und eine Perspektive einnehmen, von der aus man alles überschaut, um dann mit sicherem Boden unter den Füßen den richtigen Weg einzuschlagen.

Ich kenne diesen Wunsch. Denn ich gehöre auch zu den Menschen, die gerne mit Weitsicht arbeiten. Zu wissen, was auf mich zukommt, hilft mir dabei, mit meinen Kräften zu haushalten und abzuwägen, was möglich ist und was nicht. Ich plane gerne mit großem Vorlauf. Das gibt mir Sicherheit, gerade auch da, wo ich nicht nur für mich selbst, sondern auch für andere Verantwortung trage.

Und gleichzeitig erlebe ich immer wieder, wie kurz meine Sicht in Wahrheit ist – selbst dann, wenn ich vermeintlich alles im Blick und bedacht hatte. Wie oft passieren Dinge unvorhergesehen und bringen wohlgeordnete Pläne durcheinander – nicht nur in meiner Arbeit als Pastorin, sondern überhaupt im Leben. Und wie oft spüre ich diese Hilflosigkeit, wenn ich darauf warten muss, dass Dinge sich klären, auf die ich keinen Einfluss habe. Klein fühle ich mich dann und begrenzt in meinem Handlungsspielraum. Der Mut sinkt und das Herz wird eng, genauso wie mein Blickfeld. In solchen Momenten fällt das Weitergehen schwer. Ich sehe in erster Linie das, was sich mir in den Weg legt. Und kleine Stolpersteine werden riesig groß.

„Ich erhebe meine Augen zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?“ So heißt es in einem alten Gebet, das in den Psalmen überliefert ist.1 Und ich stelle mir bildlich vor, was da erzählt wird: Eben noch in sich zusammengesunken und fast erdrückt davon, dass die eigene Sicht so eingeschränkt ist, richtet sich ein Mensch auf. Der Rücken wird gerade und der Kopf hebt sich. Und der da so betet, lässt den Blick schweifen. Nicht in die Zukunft – die ist so unsichtbar wie vorher. Sondern nach oben. Weg von sich selbst und von den verkrampften Versuchen, in den eigenen Plänen Sicherheit zu finden. Hin zu dem, der eine andere Perspektive hat als wir. 

„Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.“ Da ist einer, der einen anderen Blick hat auf uns und auf unsere Welt. Einer, der weiter sieht, als wir es mit unseren menschlichen Augen je könnten. Und der doch gleichzeitig behutsam auf jede einzelne und jeden einzelnen von uns achtet: „Der Herr behütet dich, […] er behütet dein Leben.“

„Ich erhebe meine Augen zu den Bergen“ – ich löse meinen Blick von dem, was vor mir liegt, und schaue hin zu Gott. Das entspannt nicht nur den Nacken und die Schultern, sondern auch das Herz. Und ich spüre, wie ich gelassener werde. Es gibt einen Weg, auf dem wir unterwegs sind, auch wenn wir ihn im Moment nur bis zur nächsten Kurve sehen. Und wenn wir die nächsten Schritte auf diesem Weg gehen – einen nach dem anderen –, geht Gott mit.

Eure Pastorin Stefanie Reinert

1 Psalm 121, Einheitsübersetzung

 

x

Über uns

 

 

Evangelisch-methodistische Kirche Friedrichsdorf

Wir sind eine evangelische Freikirche. Weltweit zählen wir rund 70 Millionen Methodisten. Finanziert wird unsere Gemeindearbeit und die ganze Kirche durch freiwillige Beiträge und Spenden. Wie die Bezeichnung “evangelisch” in unserem Namen signalisiert, haben wir keine Sonderlehren. Wichtig ist uns das gemeinsame Bekenntnis:
Wir glauben an Jesus Christus.

Mehr Infos

 

EmK Friedrichsdorf, Wilhelmstr. 28, 61381 Friedrichsdorf | 06172-74033 | friedrichsdorf@emk.de | IBAN: DE59512500000020092432